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01.02.2023 - Long-Term Project
Raphael Bottazzini
Bank & Stapel
Das Benennen erfasst geistig die uns umgebende physische Welt, erkennt deren Realität an und räumt ihr einen Platz in unserem Denken ein. Der Name ist eine Kategorie, ein Label, eine Möglichkeit, die erfahrene Welt zu archivieren und ist Projektionsfläche.
Niels ten Brink
Jeden Monat erhält die Bank ein neues Holz mit zwei neuen Namen. Die ausgewechselten Hölzer werden gesammelt und im Ausstellungsraum Artachment Art Space Basel zu einem Stapel errichtet. Der Stapel unterteilt sich in Jahren. Die verschiedenen, farbigen Abstandhalter der Hölzer definieren ein jeweiliges Jahr. Wächst der Stapel an die Decke des Ausstellungshauses, wird er ausgelagert und ein neuer Stapel beginnt.
The act of naming mentally captures the physical world around us, acknowledges its reality and gives it a place in our thinking. A name is a category, a label, a way of archiving the experienced world and is a projection surface.
Niels ten Brink
Every month, the bench receives a new piece of wood with two new names. The replaced timbers are collected and assembled into a stack in the Artachment Art Space Basel. The stack is divided into years. The different colored spacers of the timbers define a specific year. When the stack reaches the ceiling of the exhibition space, it is removed and a new stack begins.
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Bank & Stapel
Bank und Stapel ist, wie der Titel schon suggeriert, nicht ein einzelnes Kunstwerk. Genau genommen sind es auch nicht nur die zwei hier titelgebenden Konstituenten. Vielmehr sind die Bank und ihre Teile zugleich Träger und Initiator einer überaus komplexen Interaktion zwischen Künstler, Material, Wort, Betrachtern sowie deren Wahrnehmung und Erinnerungen. Sechs scheinbar willkürlich ausgewählte Namen finden sich insgesamt auf den Hölzern der Sitzfläche und der Lehne, sechs Namen, die jeweils ausgetauscht werden.
Passanten werden Akteure – vielleicht sitzend, alleine oder gemeinsam, nachdenkend, sinnierend, diskutierend. Wo sind die alten Namen geblieben? Trügt die Erinnerung – waren diese schon immer da? Habe ich vergessen? Warum nun diese, wo ist deren Verbindung? Der Betrachter muss eintauchen in die eigene Erinnerung, ein aktiver, suchender Prozess beginnt, der die eigene Erinnerung, die eigene Sicht auf die Welt und die in ihr handelnden Personen hinterfragt. Das Werk erzählt also vom Kommen und Gehen der Menschen in unserer Wahrnehmung, in unserem Leben, von der Dynamik der sozialen Kontakte.
Die Bank ist also weder physisch noch in ihrem Inhalt statisch, die abgenommenen Hölzer werden sauber und akkurat aufeinandergeschichtet – hier ist er, der Stapel - erkennbar getrennt nach Jahren. Es entsteht so ein skulpturales Archiv, ein kollektives Gedächtnis, eine Erinnerung an Namen, an Ereignisse, an Kontroversen, die zum gegebenen Zeitpunkt für Kollektiv und Individuum eine Relevanz hatten, bemerkens- oder einfach nur merkenswert waren. Dass es dabei aufgrund der scheinbar willkürlichen und breit gestreuten Namensauswahl auch immer wieder zu Irritationen kommt, ist nicht nur intendiert, sondern eine Zwangsläufigkeit.
Was Raphael Bottazzini mit „Bank & Stapel“ transformatorisch erschafft, ist das sich physisch manifestierende Abbild unserer erinnernden Wahrnehmung. Wir nehmen die Personen unserer Gegenwart wahr, sprechen mit ihnen, mit anderen über sie, werten und bewerten sie, kategorisieren und sortieren sie. Irgendwann verschwinden sie vielleicht aus unserer unmittelbaren Lebenswelt, wir sehen und hören sie nicht mehr, nichts mehr über sie. So archivieren wir dann also unser Wissen und unsere Erinnerungen an die Person, an die Gespräche, die wir mit ihnen oder mit anderen über sie geführt haben. Die Details aber schwinden, werden vage, verschwinden irgendwann ganz. Was bleibt, ist ein Name in einem Stapel.
Niels ten Brink
Bench & Stack
As the title suggests, “Bench und stack” is not a single work of art. Strictly speaking, it‘s not about the two terms alone, either. Rather, the bench and its wooden panels are both carriers and initiators of an extremely complex interaction between artist, material, word, viewers, their perceptions and memories. A total of six apparently randomly selected names can be found on the panels of the seat and the backrest, six names that are interchangeable.
Then passers-by become participants – perhaps sitting alone or together, reflecting, wondering and discussing things. Where have the old names gone? Is memory deceiving me? Were the people always here? Have I forgotten? Why these names? What is their connection? Viewers need to immerse themselves in their own memories, activate a search process that questions their recollections, their view of the world and its protagonists. The work speaks of the coming and going of people in our perception, in our lives, of the dynamics inherent in social contacts.
The bench itself is not static, neither physically nor in its message. The wooden panels are dismantled, neatly and accurately stacked on top of each other, recognizably separated by years. The result is a sculptural archive, a collective memory, a recollection of names, events, controversies that were relevant to the collective and the individual at a given point in time – that were remarkable or simply worth remembering. The fact that the apparently arbitrary and widespread choice of names repeatedly causes irritation is not only intended, but inevitable.
With the transformative “Bench und stack”, Raphael Bottazzini creates a physical manifestation of our mnemonic perception. We recognize the people in our contemporary presence, we talk to them, we talk to others about them, evaluate and judge them, categorize and sort them. At some point, they might disappear from our immediate environment, we no longer see or hear them, know nothing more about them. We archive our knowledge and memories of them, we conserve the conversations we had with them or had about them. And with time, the details dwindle, become vague, just to eventually disappear altogether. What remains is a name in a stack.
Niels ten Brink
UM Unternemen Mitte
Kurzinterview mit dem Basler Künstler Raphael Bottazzini
Sein Kunstwerk Bank & Stapel ist am Turmeingang des Unternehmen Mitte zu sehen und zu besetzen.
Was ist Kunst?
Kunst wurde in Epochen immer verschieden definiert. Vielleicht stellt man mehr die Frage; was kann Kunst leisten? Kunst kann vieles, unteranderem die Sensibilisierung der eigenen Wahrnehmung.
Was gefällt Dir am Unternehmen Mitte?
Es ist ein zentraler, öffentlicher Begegnungsort. Ein Ort für spontane Treffen und zugleich darf man auch Stunden lang seiner Arbeit nachgehen.
Was bezweckst Du mit dem Projekt Bank & Stapel ?
Ein Werk zu schaffen das zugänglich ist und zugleich offensiv Fragen stellt. Ein Name ist Projektionsfläche und gleicht einem eigenständigen Kunstwerk - welches Interpretationen und Wertung zulässt, um diese Hinterfragen zu können.
Short interview with the Basel artist Raphael Bottazzini
His artwork Bank & Stack can be seen and occupied at the tower entrance of Unternehmen Mitte.
What is art?
Art has always been defined differently in different eras. Perhaps the question is more: what can art achieve? Art can do many things, including sensitizing our own perception.
What do you like about Unternehmen Mitte?
It is a central, public meeting place. A place for spontaneous meetings and at the same time you can spend hours doing your work.
What is your aim with the Bank & Stapel project?
To create a work that is accessible and at the same time poses open questions. A name is a projection surface and resembles an independent work of art - which allows interpretations and evaluations to be questioned.